Verhaltensprogramme erkennen
Julia und das Boot
Meine Freundin Julia ist gerade im Urlaub in Chile. Sie ist generell sehr unternehmenslustig und steht total auf Fernreisen. Ich hingegen mag die Ostsee sehr. Und seit Neuesten bin ich Portugal Fan. Ich bewundere Julia ja für diesen Mut. Und manchmal wünschte ich mir auch so viel Mut. Schnell wird mir klar, dass ich auch an der Ostsee und in Portugal glücklich sein kann. Hier finde ich alles was ich brauche, verbinde schöne Erinnerungen mit den Orten, die ich immer wieder besuche und ohnehin und überhaupt mag ich meine Komfortzone.
Dann sendet mir Julia dieses Bild. Sie weiß, dass ich mich freue, wenn Sie mir ein Bild von einem Boot sendet. Dann hat sie in Chile an mich und die Ruderliebe gedacht. Als ich das Bild sehe bekomme ich für einen kurzen Moment einen Klos im Hals. Orr schade, denke ich mir. Hat der Klimawandel zugeschlagen und das schöne Boot kein Wasser mehr, um den Fischer oder die Verliebten raus zu fahren. Das war bestimmt eine schöne Zeit, als das Wasser noch da war. Und schon blinkt das nächste Chatfenster.
Als ich mich wenig später bei Julia für das Bild bedanke und sie frage, ob ich das Bild verwenden darf, nimmt meine Geschichte eine grundlegende Wendung. Ich erfahre, dass das Boot lediglich im Trockenen liegt, weil gerade Ebbe ist! OMG. Da bin ich aber froh. Nix mit Klimawandel.
Verhaltensprogramme erklärt
Wenn ich gern an die Ostsee fahre, weil ich glaube, dass dort alles schön usw. ist, dann ist das mein Glaubenssatz. Mein Gehirn ist dahingehend komplett automatisiert unterwegs. In Bruchteilen von Sekunden kommen Begründungen warum ich so bin und Julia so. Klar, mein Gehirn spart Energie und gibt mir mit der Story Sicherheit. Dieses liefern von Gründen die eigenen Entscheidungen und letztlich auch das eigene Verhalten rechtfertigen – das nenne ich Verhaltensprogramme. Darin sind wir richtig gut. Alle.
Wenn ich ein Bild sehe und hab nen Klos im Hals – dann ist das auch so ein Automat. Ein Verhaltensprogramm. Ablgeich mit Bildern, die mir trotz großer Bemühungen die Mainstream-Medien zu meiden und mein Glaubenssatz zum Thema Fernreisen bringen sofort eine Abneigung. Siehste – fährste lieber an die Ostsee. Da spült es seit wenigen Jahren zwar sämtliche Strände weg. Klimawandel. Ach und wenigstens gibt es die leckere Eierlikörtorte im Café Röntgen. Hö?! Ja genau. Die ist lecker
Kannst Du das Beispiel von oben nachvollziehen? Findest Du auch, dass Dir einige Automaten mehr im Weg stehen als sie Dir nützen? Ach, Du bist nunmal so und erstmal sollen sich die Anderen ändern? Dann brauchste nicht weiter lesen. Schönen Tag noch.
Der Ausweg aus den Automaten
Wenn Du neugierig genug bist, könntest Du durch die Methode Grübeln stundenlang auswerten, was in Deiner Kindheits- und Prägungsphase schief gelaufen ist. Wer in der Kindheit oft an der Ostsee war, neigt dazu dahin zurück zu kehren. Die Mutter wäre ja auch mal woanders hin – nur der Vater war sooo unflexibel. Oder umgekehrt. Wenn wir schonmal dabei sind. Die Schwester wurde ja eh immer bevorzugt behandelt und mit dem Stress auf Arbeit kann es so nicht weiter gehen. Schon klar, dass da keine Zeit für die Beziehung bleibt. Nur er/sie könnte ja auch mal Initiative ergreifen. Nach so vielen gemeinsamen Jahren ist nunmal die Luft raus. Erst recht in der Kiste. Hoffentlich werden die Rückenschmerzen nicht schlimmer. Und für mich habe ich ewig nichts getan. Am besten ich schmeiße hin und starte alles neu. Nur heute erstmal nicht. Hab ich noch Bier zur Bundesliga im Haus.
All das sind Deine Automaten oder nenne sie Glaubenssätze. Jedenfalls beeinflussen die unser Verhalten weil es ihr Job ist unser Verhalten zu beeinflussen. Im Sinne der gesparten Energie im Autopiloten. Ahhh, sie sind nicht gegen dich gerichtet sondern Teil von Dir. Du hast zugelassen, dass sich das Verhalten in Deinem Leben ausbreitet.
Bis an den Tag, an dem Du entscheidest, dass sich etwas ändern wird. Das Ergebnis. Wenn Du nämlich benennst wie Du es konkret haben willst. Um das klar und deutlich zu sagen: die Methode Grübeln ist es genau so wenig wie die Methode Kindheitsanalyse.
Deine Aufgabe ab sofort
Für heute und im ersten Schritt genügt es sämtliche Verhaltensprogramme wahrzunehmen und überhaupt zu erkennen. Damit meine ich nur benennen. Nicht bewerten. Die Veränderung darf leicht und einfach sein. Und dazu gehört für mich frei von Zynismus und Ironie all die Situationen zusammen zu tragen, an denen Deine Autopiloten zuschlagen.
Ich habe mir vorgenommen bei jedem Klos im Hals mindestens bei den Meisten nachzufragen, was da los ist und die Realitäten abzugleichen. Und ich habe entschieden eine Liste von Reisezielen zusammen zu stellen, an denen ich Boot fahren kann und wo ich noch nieee war.
Schreibt mir gern was Eure Autopiloten beim Lesen des Textes so melden und worauf ich ggf. nochmal eingehen darf.
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